„Mir geht es nicht nur um mich, sondern auch um viele andere. Ich will endlich Klarheit haben!“

Mit diesen Worten begründete eine Mutter letztes Jahr bei mir ihren Entschluss, sich ans Gericht zu wenden. Ihre Tochter besucht eine Kinderkrippe. Der getrennt lebende Vater lehnte es ab, sich an den Betreuungskosten entsprechend seines Einkommens zu beteiligen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits 2008 entschieden, dass die Kindergartenbeiträge nicht in dem sog. Quotenunterhalt der Düsseldorfer Tabelle enthalten sind, sondern als Mehrbedarf zusätzlich gefordert werden können (Az. XII ZR 65/07). Dabei haben sich die getrenntlebenden Eltern die Beiträge im Verhältnis ihrer Einkünfte aufzuteilen. Zur Begründung wiesen die Richter in Karlsruhe darauf hin, dass „der Kindergarten zum einen fürsorgende Betreuung mit dem Ziel einer Förderung sozialer Verhaltensweisen bietet und zum anderen eine Bildungseinrichtung im elementaren Bereich darstellt.“ 2017 entschied der BGH zur Tätigkeit einer Tagesmutter dann aber vermeintlich anders: „Wird die Betreuung eines Kindes durch Dritte allein infolge der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils erforderlich, stellen die Betreuungskosten keinen Mehrbedarf des Kindes dar, sondern gehören zur allgemeinen Betreuung, die vom betreuenden Elternteil im Gegenzug zur Barunterhaltspflicht des anderen allein zu leisten ist.“ (Az. XII ZB 55/17)

Ungeklärt war die Situation bei der Kinderkrippe. In dem vom Amtsgericht Würzburg behandelten Fall berief sich nämlich der Vater darauf, dass ja die Mutter bei einem Kind unter drei Jahren noch gar nicht wieder arbeiten müsse und deshalb die Kinderkrippe von ihr nur gewählt werde, um die eigene Betreuungspflicht auf einen „Dritten“ – also den Träger der Einrichtung“ zu übertragen. Dann müsste die Mutter die Betreuungskosten als berufsbedingten Aufwand von ihrem Einkommen allein übernehmen.

Das Amtsgericht Würzburg stellt mit Beschluss vom 08.03.2019 klar:

„Solange die pädagogische Förderung des Kindes in einem staatlichen oder privaten Kindergarten, einer Kindertagesstätte oder einem Hort im Vordergrund steht, liegt ein betreuungsbedingter Mehrbedarf vor.“ (Az. 7 F 7/19)

Entscheidend ist also, ob das Kind in der Einrichtung über die reine Betreuung hinaus auch eine pädagogische Förderung erhält. Dies war bei der Tagesmutter eben nicht der Fall gewesen.

Der Vater wurde vom Gericht verpflichtet, neben dem Quotenunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle zusätzlich einen Anteil der Kosten für die Kinderkrippe übernehmen. Zur Bestimmung des Verhältnisses werden die jeweiligen Einkommen der Eltern ermittelt und dann zunächst bei jedem ein angemessener Selbstbehalt von aktuell 1.300 Euro in Abzug gebracht. In dem am 08.03.2019 vom Amtsgericht Würzburg entschiedenen Fall ging es zwar „nur“ um ca. 76 Euro Anteil des Vaters pro Monat. „Es geht mir aber wirklich nicht nur um mich, sondern um eine Entscheidung, auf die sich möglichst auch viele andere Betroffene berufen können!“ erklärte meine Mandantin glücklich nach Abschluss des Verfahrens. Sie bat mich deshalb ausdrücklich, die Entscheidung in der Mamamia-Rechtsecke zu besprechen. Diesem Wunsch komme ich gerne nach.

Ihr

Dr. Johannes Mierau

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familien- und Erbrecht

Rechtsanwälte Dr. Vocke & Partner, Würzburg

 

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