Natürlich gibt es viele Eltern, die nach einer Trennung oder Scheidung problemlos den Kontakt ihrer Kinder zum anderen Elternteil regeln. Die Bandbreite ist dabei sehr weit. Kinder halten sich nach wie vor in den meisten Fällen grundsätzlich bei einem Elternteil – zumeist der Mutter – auf und haben dann zumindest zeitweise die Möglichkeit, Zeit mit dem anderen Elternteil – also zumeist dem Vater – zu verbringen.

In der Praxis häufen sich aktuell wieder Verfahren, in denen trotz aller Hilfestellung durch Fachleute keine befriedigende Lösung beim Umgang gefunden wird und dann der Kontakt zum anderen Elternteil sich oft auf ein Minimum reduziert oder gar ganz abbricht.

Dabei sagt das Gesetz klipp und klar, dass es in erster Linie ein Recht des Kindes ist, den Kontakt zum anderen Elternteil haben zu dürfen.

Und der Elternteil, der das Kind dann nur noch sehr selten oder gar nicht mehr sieht, kann sich sogar auf sein Elterngrundrecht nach Art. 6 Grundgesetz berufen.

Die Ursachen für diese Entwicklung sind sicher mannigfaltig. Jeder Fall ist gerade in dem sensiblen Bereich des Umgangs gesondert zu sehen. Wir haben in Würzburg mehrere Beratungs- und Vermittlungsstellen, das Gericht beauftragt Verfahrensbeistände, die sich ebenfalls um Vermittlung zwischen den Eltern bemühen sollen, in einzelnen Verfahren werden umfangreiche Gutachten eingeholt, nicht zuletzt auch wir Anwälte bemühen uns bei aller Interessenvertretung um eine faire Lösung. Und dennoch kommt ein ungezwungener, möglichst normaler Kontakt nicht zustande.

Oft hat man den Eindruck, dass eben doch die alten Wunden aus der Vergangenheit der Paarbeziehung auf die Beziehung zu den Kindern durchschlagen.

Psychologen empfehlen zwar zu Recht, beide Beziehungsebenen auseinander zu halten. Wie schwer dies in der Praxis aber ist, erfährt der Rechtsanwalt, wenn er einen Psychologen in seinem eigenen Umgangsverfahren vertritt.

Gerade die Fachleute – dazu zähle ich ausdrücklich auch uns Anwältinnen und Anwälte – sollten sich jedoch nicht in Resignation zurückziehen. Wichtig ist vor allem eine Transparenz in den Verfahren. Wenn schon so viele an diesen beteiligt sind – z.B. Eltern, Anwälte, Gericht, Jugendamt, Verfahrensbeistand, Sachverständige, muss zwischen diesen eine offene und faire Kommunikation erfolgen.

Dies heißt auch, dass der jeweils andere über die Schritte des anderen auf dem Laufenden gehalten wird, was angesichts des Aufwandes und der Menge der Verfahren aber nicht ausreichend erfolgt.

Wie gesagt: In einer Vielzahl klappt der Umgang. Gerade in den konfliktbeladenen Fällen benötigen wir aber eine höhere Transparenz in den Verfahren. Man darf dabei bei aller Ausrichtung auf das Kindeswohl die Probleme zwischen den Eltern nicht unter den Tisch kehren. Denn von ihrem Verhältnis hängt die Aufrechterhaltung des Kontakts ihrer Kinder zu beiden ab.

 

Text: Dr. Johannes Mierau

 

Bild: Nadezhda1906