Heute schon genug gedaddelt?

Auch dieses Jahr werden sie wieder unterm Weihnachtsbaum liegen. Smartphones, Tablets, Laptops für unsere mehr oder weniger „Kleinen“. Mehrere Stunden verbringen Teenager damit am Tag. Über die seelischen und  gesundheitlichen Folgen des übermäßigen Gebrauchs digitaler Medien gibt es längstens alarmierende Studien. Ärzte warnen vor zunehmenden Konzentrationsproblemen, Hyperaktivitätsstörungen, seelischen Nöten, und der Dateninhalt ist ja auch oft nicht jugendfrei…

Man kann es aber den Jugendlichen kaum verübeln, dass sie auf die neuen Medien so massiv „abfahren“. Schließlich eröffnen sie vielfältige neue Möglichkeiten. Und bei den negativen Auswirkungen sind die Erwachsenen oft auch kein gutes Vorbild. Der gesamte Alltag soll ja schließlich  digitalisiert werden. Ob dabei eine ausreichende Technikfolgenabschätzung – gerade in der Schule – erfolgt, bleibt gelinde gesagt zweifelhaft.

 

Eltern müssen über die Mediennutzung wachen

Vielleicht hat diese gesamte Entwicklung auch eine Richterin oder einen Richter in Bad Hersfeld bewogen, in einem Beschluss zur elterlichen Sorge den Eltern umfangreiche und detaillierte Auflagen zu machen. Die minderjährigen Kinder hatten in der gerichtlichen Anhörung eher nebenbei von ihren Computerspielen und der Mediennutzung erzählt. Dies nahm das Gericht von sich aus zum Anlass, tätig zu werden. Das Wohl der Kinder sei gefährdet, wenn die Spiele nicht altersgemäß seien. Der Mutter wurde aufgegeben, feste Regeln zur Mediennutzung aufzustellen. Das Kind sollte bis zum 12. Lebensjahr kein eigenes und frei zugängliches Smartphone haben dürfen. Das Beschwerdegericht Frankfurt/Main hat diese Entscheidung mit einer sehr umfangreichen Begründung aufgehoben (Beschluss vom 15.06.2018, 2 U 41/18). Kernsatz ist, dass ein Gericht mit derartigen Anordnungen nicht in den verfassungsrechtlich abgesicherten Elternvorrang (Art. 6 GG) eingreifen darf. Ausdrücklich wird zwar bestätigt, dass Medien- und Internetkonsum durch Kinder und Jugendliche Gefahren bergen, denen Eltern geeignet begegnen müssen – zeitlich wie inhaltlich. Anordnungen sind jedoch erst dann gerechtfertigt, wenn die konkrete Gefahr einer Schädigung besteht. Eine solche lag aber nicht vor.

 

Eltern müssen selber reflektieren wie oft und unbewusst sie vor den Augen der Kinder zum Smartphone greifen

In der Verantwortung stehen in erster Linie also die Eltern. Wir haben die Pflicht und das Recht, die Kinder zu pflegen und zu erziehen (so § 1631 BGB). Die Erziehung hat gewaltfrei zu erfolgen und darf zu keinen seelischen Verletzungen führen. Wir dürfen und können uns den modernen Medien nicht verschließen. Aber wir müssen dazu kommen, dass die Kinder und Jugendlichen verantwortungsvoll mit ihnen umgehen. Dies bedarf auch Grenzsetzungen, was durchzusetzen bisweilen – ich kann selbst ein Lied davon singen – schwer fällt. Wir Eltern müssen uns auch an die eigene Nase fassen und uns der eigenen Vorbildfunktion bewusst sein.

In diesem Sinne eine besinnliche Adventszeit, ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest und uns allen ein gutes neues Jahr!

Ihr Dr. Johannes Mierau

Fachanwalt für Familien- und Erbrecht

Rechtsanwälte Dr. Vocke & Partner, Würzburg

 

Foto: Zinkevych