Sind Sie auch manchmal grundlos traurig, überfordert und stellen alles in Frage? Kennen Sie das Gefühl, nur noch zu funktionieren?
Draußen scheint die Sonne. Ich habe frei. Eigentlich perfekte Voraussetzungen, um einen angenehmen Tag erleben zu dürfen. Und doch ist da eine bleierne Schwere in mir, eine unbestimmte Trauer, die den kommenden Tag grau und anstrengend ausschauen lässt. Das Glas ist tatsächlich halb leer und nicht halb voll. Der Berg will nicht zu mir und ich bin zu müde, um zum Berg zu gehen.
Bin ich deswegen gleich depressiv? Oder habe ich einen Burn-Out? Nein! Es muss nicht gleich das Vollbild einer definierten Krankheit sein. Es ist einfach die angezogene Handbremse meiner Seele. Wir werden bombardiert mit Informationen und scheußlichen Bildern. Einfachste Lebensfragen werden immer komplizierter und das Leben an sich verheißt unendliche Möglichkeiten. Wie soll ich mich da noch richtig entscheiden? Wenn ich mich auf das „Eine“ einlasse, verpasse ich möglicherweise das „Andere“?
Mein Kopf schwirrt, ich sitze wie gelähmt auf meinen Küchenstuhl und starre aus dem Fenster. Ich erinnere mich: Als Siebenjähriger – meine Eltern waren beide berufstätig – habe ich das aus Langeweile auch gemacht. Stundenlang aus dem Küchenfenster geschaut und die vorbeifahrenden Autos gezählt. Ich wusste mit mir nichts anzufangen und ich fühlte mich verlassen und allein.
Es gibt im Leben Situationen – da kann man so alt wie eine Schildkröte werden – da fällt man eben in diese alten, kindlichen Gewohnheiten zurück. Das große Glück der „Reife“ ist es, das in diesem Moment dann zu erkennen und einfach auch mal auszuhalten. Die Seele braucht eine Pause: keine Reizüberflutung, keinen Kick, keine Entscheidung.
Einfach Stille und Atmung.
Und ich sage Ihnen: Genau diese Stille tut fast schon weh. Diese Stille wird laut im Kopf und scheint kaum auszuhalten zu sein. Ich bleibe sitzen! Ich starre weiter aus dem Fenster. Und irgendwann, kaum wahrnehmbar, kommt die Ruhe. Die Atmung wird ruhiger und ich spüre, ich bin im Hier und Jetzt. Mein Leben kommt wieder ins Gleichgewicht und Frieden macht sich in mir breit. Meine Gesichtszüge entspannen sich und die Lebenslust begrüßt mich sanft mit meinem eigenen Lächeln. Meine Seele hat vorsichtig die Handbremse wieder gelöst.
Ganz nach der Idee der Augustiner: „Ich will, dass du bist!“… und dazu benötigt es immer wieder mal Ruhe und Innehalten.
Genau diese Wahrnehmungsfähigkeit wünsche ich Ihnen von Herzen sowie genügend Zeit, sich mal ins Aus zu setzen. Machen Sie Urlaub für Ihre eigene Seele! So, und ich freu mich jetzt, endlich den Berg Bügelwäsche angehen zu wollen.
Ihr
Thorsten Drechsler
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