Kurz vor den Sommerferien kam aus Karlsruhe die Entscheidung, dass das Betreuungsgeld mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren und damit nichtig ist. Nach der letzten Bundestagswahl hatte die große Koalition in Berlin mit dem Betreuungsgeld Eltern von Kindern mit 150 € monatlich gefördert, wenn sie ihr Kind bis zum dritten Lebensjahr selbst betreuen und noch nicht in eine Kinderkrippe geben.

Das Bundesverfassungsgericht beschäftigt sich nur mit dem Thema, ob der Bund für den Erlass der Regelungen zum Betreuungsgeld überhaupt zuständig ist. Im Grundgesetz (GG) finden sich die Bestimmungen, wann die Länder und wann der Bund für den Erlass von Gesetzen zuständig ist. Das Betreuungsgeld fällt unter den Begriff der öffentlichen Fürsorge (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG). Für diesen Bereich sind aber grundsätzlich die Länder zuständig, wenn nicht die „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit“ der Bund tätig werden muss.

In seiner ausführlichen Urteilsbegründung gelangt das deutsche Verfassungsgericht zu dem Schluss, dass diese Voraussetzungen beim Betreuungsgeld nicht vorliegen. Das Betreuungsgeld hing nämlich nicht von der Anzahl der verfügbaren Betreuungsplätze ab, daneben bestand es neben ähnlichen landesrechtlichen Leistungen (wie gerade in Bayern dem Landeserziehungsgeld. Auch die Anerkennung der elterlichen Erziehungsleistung alleine reiche für eine bundeseinheitliche Regelung nicht aus.

In der Praxis bedeutet dies zunächst, dass ab sofort kein Betreuungsgeld nach der alten Regelung mehr gewährt werden kann. Laufende Anträge sind daher von den Behörden abzulehnen. Wer bereits Betreuungsgeld bezieht, kann sich aber auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen. Das vor dem 21.07.2015 (Tag der Urteilsverkündung) bewilligte Betreuungsgeld, wird also noch weiter ausbezahlt. Jenseits aller ideologischen Debatten, die ja schon anlässlich der Einführung des nun von Karlsruhe kassierten Gesetzes geführt wurden, ist zu beachten, dass immerhin 40 % der anspruchsberechtigten Eltern das Betreuungsgeld in Bayern auch beantragt hatten. Natürlich ist der Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen enorm wichtig. Offenbar gibt es aber auch nicht zu kleine Anzahl von Eltern, die ihr Kind eine gewisse Zeit vor dem dritten Lebensjahr selbst betreuen wollen. Bayern hat angekündigt, auf Landesebene das Betreuungsgeld wieder einzuführen.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seinem Urteil nämlich ausdrücklich nicht dazu geäußert, ob das Betreuungsgeld auch inhaltlich verfassungsgemäß ist. Wenn es offensichtlich gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen hätte, wäre dies wohl vom Gericht so auch benannt worden. In anderen Urteilen äußert sich nämlich Karlsruhe auch über das eigentliche Notwendige für seine Entscheidung hinaus (vgl. zum Thema Erbschaftssteuer), um zukünftige Gesetzesentscheidungen nicht wieder aufheben zu müssen.

 Der Ball Betreuungsgeld liegt also nun bei den Ländern. Schon streitet in Berlin die große Koalition, ob die Gelder, die für das Betreuungsgeld zur Verfügung gestellt wurden, an die Länder weitergereicht werden sollen oder ob der Bund die Gelder behält. Mal sehen, wer sich in diesem politischen Tauziehen durchsetzen wird. Pikant ist aber, dass der Bund für den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen selbst keine Kompetenz hat…

Trotz dieses Wirrwarrs schöne und erholsame Sommerferien!

Dr. Johannes Mierau