Vor ein paar Wochen meldete sich bei mir eine junge Mutter, die für ihr zwei Jahre altes Kind einen Krippenplatz gefunden hat und nun wieder berufstätig ist. Der Vater zahlte den gesetzlichen Mindestunterhalt von 225,00 € im Monat. „Wie sind den nun die Kosten für die Krippe beim Kindesunterhalt zu berücksichtigen?“

Diese berechtigte Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten: Seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 26.11.2008 (Aktenzeichen XII ZR 65/07) stellen die Kosten für den Besuch eines Kindergarten (mit Ausnahme der Verpflegungskosten) einen sogenannten Mehrbedarf dar, der neben dem Tabellenunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle auf die Eltern nach ihren Einkommensverhältnissen aufgeteilt wird. Auch der nichtbetreuende Elternteil hat sich also an den Ausgaben für den Kindergarten gesondert zu beteiligen. Blickt man in die Gesetzeskommentare, wird zum Teil gesagt, dass diese Rechtsprechung nicht auf eine Kinderkrippe oder einen Hort zu übertragen sei. Es stünden keine erzieherischen Gesichtspunkte im Vordergrund; der Besuch einer solchen Einrichtung diene dazu, die Berufstätigkeit des einen Elternteils zu ermöglichen. Die Kosten für die Betreuung könnten aber vom Einkommen des Berechtigten abgezogen werden mit der Folge, dass der eine Elternteil dann selbst vielleicht einen höheren Unterhaltsanspruch hat. Andere Literaturstimmen sagen, dass sämtliche Kinderbetreuungskosten – also egal, ob in einer Kinderkrippe oder im Kindergarten – als Mehrbedarf des Kindes anzusehen sind. Eine Entscheidung des BGH liegt zu diesem Thema noch nicht vor. Auch am Amtsgericht Würzburg waren auf Nachfrage zwei Richter unterschiedlicher Meinung. Also wieder einmal typisch: Ein Problem – zwei juristische Meinungen?

Die für das Familienrecht am BGH bis vor kurzem noch zuständige Richterin Dr. Hahne hat bei einer Fortbildungsveranstaltung von mir auf diese Frage angesprochen klipp und klar erklärt, dass für sie sämtliche Kosten der Kinderbetreuung nach der neueren Rechtsprechung des BGH stets als Mehrbedarf anzusehen sind. Jede Betreuung von Kleinkindern beinhalte in einer Kindertagesstätte immer auch deren Erziehung. Dass mit dem Platz in der Kita den Müttern zumeist die Möglichkeit zur früheren Berufstätigkeit wieder eröffnet werde, ändere daran nichts. Sie forderte die Teilnehmer der Veranstaltung sogar richtig auf, einen entsprechenden Fall bis zum BGH „zu bringen“, damit sich Deutschlands höchste Familienrichter in diesem Sinne deutlich äußern könnten. Es zeigt sich also deutlich ab, dass die Rechtsprechung wie zuvor beim Kindergarten auch bei Hort und Kita einen begrüßenswerten Schwenk machen wird.

Noch zum Schluss ein kleiner Wermutstropfen: Die Düsseldorfer Tabelle wurde zum 01.01.2013 nicht verändert. Es wurden lediglich die sog. Selbstbehaltssätze – also der Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen verbleiben muss – im neuen Jahr geringfügig erhöht. So erfolgt beim „notwendigen Selbstbehalt“ von Berufstätigen eine Anpassung von 950 € auf 1.000 € und ansonsten auf 800,00 € (vorher 770 €). Im Einzelfall kann es also zu einer Verringerung des Unterhalts kommen.

Ihr Dr. Johannes Mierau  

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familien- und Erbrecht