Immer häufiger leben bekanntlich Kinder in Patchworkfamilien. Die Eltern bringen in die neue Beziehung ein oder auch mehrere Kinder mit und leben dann mit dem gemeinsamen Nachwuchs in einer neuen Familie. So weit, so gut. Oft wird aber nicht bedacht, dass die Stiefkinder den leiblichen Kindern im Erbrecht nicht gleichgestellt sind. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die Kinder im Wege einer sog. Einbenennung den gleichen Namen haben. Nur nach einer Adoption wäre dies anders.

Wer nach dem Tode eines der beiden „Patchworkeltern“ wie viel bekommt, hängt damit wie beim Roulette vom Zufall ab. Ein Beispiel: Aus einer früheren Beziehung bringt der Ehemann ein Kind mit. Die Eheleute haben selbst zwei gemeinsame Kinder. Bei Tode des Ehemannes entsteht dann entweder eine Erbengemeinschaft zwischen der Stiefmutter und allen Kindern des Mannes, welche oft nur schwierig aufzuteilen ist. Oder das Stiefkind erhält bei einer Alleinerbschaft der Ehefrau durch ein Testament nur seinen Pflichtteil, erbt dann aber nach Tode der Stiefmutter nichts mehr und hat auch nach ihrem Tod nicht einmal einen Pflichtteilsanspruch.

Durch die Errichtung eines Testaments kann eine ungewollte gesetzliche Erbfolge leicht vermieden werden. Bei Patchwork-Familien ist dabei besondere Sorgfalt angezeigt, da wegen der besonderen Familiensituation auch an anderen Stellen dringender Regelungsbedarf bestehen kann. Während Eheleute mit gemeinsamen Kindern meist übereinstimmende erbrechtliche Anordnungen treffen, stellt sich bei Kindern verschiedener familiärer Herkunft die Frage, ob die Patchwork-Eltern eine letztwillige Begünstigung allein ihrer jeweiligen leiblichen Kinder oder eine Gleichbehandlung aller Kinder wünschen. Gerade wenn die Stiefkinder bei Gründung der Patchwork-Familie bereits älter waren, sollen zumeist lediglich die jeweils eigenen Kinder schlussendlich das Vermögen erhalten, in der Zwischenzeit aber die finanzielle Versorgung des länger lebenden Ehegatten gesichert sein.

Es kann daher nur geraten werden, bei solchen Lebenssituationen ein möglichst maßgeschneidertes Testament zu errichten. Auch wenn der BGB-Gesetzgeber Ende des 19. Jahrhunderts die Patchworkfamilie sicher noch nicht „auf dem Schirm“ gehabt hat, bietet das Gesetz dennoch eine Fülle an Gestaltungsmöglichkeiten an. Die Patchwork-Eltern müssen sich dabei im Klaren sein, ob sie die eigenen leiblichen Kinder bevorzugen oder alle Kinder gleichbehandeln wollen. Eine Möglichkeit ist z.B., den neuen Partner als Vorerben und die leiblichen Kinder als Nacherben einzusetzen. Dann steht ihm zunächst die Nutzung des Nachlasses – insbesondere des Wohnhauses – zu, nach seinem Tod fällt dann aber das Vermögen an die leiblichen Kinder des vorverstorbenen Partners. Oder man setzt die eigenen Kinder als Erben ein und gewährt dem Partner ein Vermächtnis, z.B. auch hinsichtlich der Nutzung der Wohnung. Eine Gleichbehandlung aller Kinder wird dadurch erreicht, indem diese jeweils als Erben beider Partner eingesetzt werden. Wichtig ist gerade in einem solchen Fall, die Frage der sog. Bindungswirkung sauber zu klären. Es stellt sich dann nämlich die Problematik, ob nach dem Tod des einen Partners der andere noch einmal berechtigt ist, Änderungen bei der Erbeinsetzung der Kinder vorzunehmen. An sich soll eine Abänderungsbefugnis bestehen, um auf Veränderungen bei den Kindern eingehen zu können. Andererseits entsteht die Gefahr, dass die Kinder, die nicht von dem überlebenden Partner stammen, leer ausgehen, wenn diese Befugnis ausgenutzt wird.

Man kann also nur raten, bei einer Patchworkfamilie je nach den konkreten Umständen des Einzelfalles eine Regelung für die Zeit nach seinem Ableben zu treffen. Bei der Errichtung eines entsprechenden Testaments sind Rechtsanwälte und Notare gefragt. Deren Gebühren zahlen sich schnell aus, wenn es dann später zu keinen ungewollten Folgen kommt.

Ihr Dr. Johannes Mierau  

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familien- und Erbrecht